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Vorwort

Nachdem die Menschen in Deutschland immer mehr und gleichzeitig schöne menschenleere Orte immer weniger werden, steigt die Sehnsucht in vielen Einwohnern unserer Republik wenigstens ein paar Wochen im Jahr Ruhe, Einsamkeit und Frieden zu finden.

Solch ein Land, in dem noch die Natur über den Menschen dominiert, findet man am nordwestlichsten Ende Kanada`s. Die Yukon Territories haben bei einer Größe, die etwa dem Zweieinhalbfachen Deutschland`s entspricht, nur ca. 30000 Einwohner, von denen 20000 in der Provinzhauptstadt Whitehorse leben. Die restlichen Yukoner verteilen sich auf einige kleine Siedlungen, die zumeist an den wenigen Highways, die das Territorium durchziehen, liegen.

Da auch wir dem Trubel und dem Gehetze in unserem hochindustrialisiertem und technisiertem Land überdrüssig waren, beschlossen wir schon bald im Anschluß an den letztjährigen Urlaub, dem Streß und dem Hektik zu entfliehen und eine mehrwöchige Kanu-Tour auf einem der nahezu unberührten Flüsse im Yukon zu unternehmen.

Unsere Wahl fiel, nach dem Studieren einschlägiger Literatur, auf folgendes Flußsystem: Startpunkt sollte sein der Ausfluß des Ross River aus dem Sheldon Lake sein, anschließend 5 Tage auf dem Ross River bis zur Mündung in den Pelly River. Von dort sollte es dann weiter gehen bis nach Pelly Crossing, wo der Klondike Highway von Whitehorse nach Dawson City den Fluß überquert. Je nach Zeit und Laune wollten wir dann noch weiter bis zur Mündung in den Yukon River, und von dort bis nach Dawson paddeln. Veranschlagt waren für diese Tour etwa 3 Wochen, wobei wir noch ein bis zwei Tage für Wanderungen eingeplant hatten. Für diese Wahl der Route sprach auch, daß wir in der Geo-Buchhandlung in München detaillierte Flußbeschreibungen dieser beiden Flüsse fanden, und somit gut vorbereitet an die Sache rangehen konnten.

Nachdem die Route soweit festlag, konnten wir einen Kanu-Verleiher ausfindig machen. Dazu waren doch viele Faxschreiben nach Kanada nötig, um letzendlich jemanden ausfindig zu machen, der sein Büro in Deutschland hatte. Der Vergleich der Gesamtpreise, was Kanumiete und Transport beinhaltete, gab den Ausschlag der Firma Access Yukon unter der Leitung eines gewissen Heinz Steinborn den Vorzug zu geben. Zudem gestaltete sich die finanzielle Regelung erheblich einfacher, als mit kanadischen Firmen.

Somit waren nun alle wesentlichen Details geklärt, inzwischen war auch bereits schon wieder Februar und wir konnten uns daran machen den Flug zu buchen und langsam alle nötigen Utensilien zusammen zu tragen. Losgehen sollte es dann am 30. Juni und wir konnten es schon kaum mehr erwarten.


Sonntag, 30. Juni - Hinflug

Morgens kurz nach 9 Uhr werden wir wieder einmal von meinem Vater von zu Hause abgeholt und zum Münchner Airport gebracht. Nach kurzer Verabschiedung laden wir unsere 3 Tonnen und den Rucksack, in dem sich die Zeltutensilien befinden, auf zwei Trollys und begeben uns zum Schalter der British Airlines.

Beim Einchecken treffen wir dann auf uns bis dato unbekannte Probleme. Auf die Frage was denn in den Tonnen sei, geben wir ehrlicherweise zur Auskunft, daß es sich bei einer Tonne um Campingzubehör handelt. Daraufhin fordert uns ein Mitarbeiter der Airlines auf die Tonne zu öffnen, um ihm den Benzinkocher zu zeigen, ob nicht etwa noch Benzin enthalten wäre. Ziemlich sauer öffne ich die Tonne und krame alles heraus, da sich der Kocher natürlich ziemlich unten befindet. Dummerweise ist tatsächlich noch Benzin drin, und ich verziehe mich schnell und etwas kleinlaut auf die nächste Toilette um es auszuschütten. Anschließend ist alles in Ordnung, nur die Tonne ist ziemlich verwüstet und wir bringen in der Hektik nicht mehr alles unter und müssen ein paar Sachen anderweitig verstauen.

Wir fliegen pünktlich ab, genießen den sehr guten Service an Bord, überstehen auch den Aufenthalt in London recht gut und landen pünktlich kurz vor 18 Uhr Ortszeit bei schönstem Wetter auf dem nagelneuen Flughafen von Vancouver, B.C.

Bei einem kurzen Blick auf die Fluganzeigetafel im "Domestic Terminal" stellen wir mit Erstaunen fest, daß der, vom Reisebüro für nicht existierende Abendflug nach Whitehorse sehr wohl auf dem Programm von Canadian Airlines steht. Wir beschließen unseren Flug umzubuchen um uns somit die geplante Übernachtung in Vancouver zu sparen. Nach einigem Hin und Her am Schalter, wobei es sich ausschließlich um das Problem der Kosten für die Umbuchung handelt, geht dann doch alles klar, und wir bekommen unsere Plätze für die Abendmaschine, zudem auch noch kostenlos.

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Den Aufenthalt am Flughafen überbrücken wir mit einem ausgezeichneten Sushi-Essen im "Food-Court" des nagelneuen "International Terminal", spazieren noch ein wenig herum, und landen schließlich nach weiteren 3 Stunden Flug gegen Mitternacht in Whitehorse. Zum ersten Mal empfängt mich der Yukon mit schlechtem Wetter, es regnet leicht und somit ist auch von der Mitternachtssonne nichts zu sehen.

Nach der Gepäckentgegennahme gehen wir hinaus um uns ein Taxi zu organisieren, und werden prompt von jemandem angesprochen, ob wir denn zum Campingplatz wollen. Unser, erstauntes Gesicht, daß wir machen, weil uns jemand in Deutsch anredet, weicht bald, angesichts der Erklärung unseres Gegenübers, er hätte unseren Erdinger Rucksack gesehen. Auf meine Frage wie er denn heiße, stellt sich heraus, daß wir direkt in die Hände unseres Kanu-Vermieters gelaufen sind. Nach einer kurzen Wartezeit auf noch weitere Fahrgäste laden wir unser Hab und Gut in seinen komfortablen Van ein und lassen uns gemütlich zum Robert Service Campground kutschieren. Heinz, wie sich unser Chauffeur vorgestellt hat, bietet uns noch an uns morgen hier abzuholen und zum Einkaufen zu fahren, dann verläßt er uns und wir können im schwächer werdenden Regen unser Zelt aufbauen, um dann nach kurzer Zeit in den Schlafsäcken zu verschwinden.

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Montag, 01. Juli - Whitehorse

Leider hat sich das Wetter über Nacht nur unmerklich verbessert, so daß wir uns in unsere Regenklamotten werfen müssen. Gegen 10 Uhr holt uns Heinz wie versprochen vom Campground ab und bringt uns nach "Downtown" zum Einkaufen. Wir sind sehr dankbar dafür, sparen wir uns doch einen gut halbstündigen Fußmarsch.

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Das geplante Frühstück fällt leider aus, da wegen des Feiertages, heute ist "Canada Day", kaum ein Laden geöffnet hat. Glücklicherweise hat wenigstens die Quanlin Mall, das größte Einkaufszentrum von Whitehorse seine Tore geöffnet, und wir können uns unsere Lebensmittel, die wir für die nächsten 2 bis 3 Wochen benötigen, besorgen. Insgesamt kaufen wir für etwa 150 $ ein, packen alles in den zuvor geleerten Rucksack, sowie den Tagesrucksack und noch drei weitere Einkaufstüten und machen uns auf den Weg zurück zum Zeltplatz. Schon nach wenigen Metern merken wir, daß unser Zeug viel zu schwer ist und wir entschließen uns ein Taxi zu rufen. Während sich Raphi auf die Suche nach einem Telefon macht, fährt neben mir ein Yellow Cab vor. Ich halte es an, und bald ist alles verstaut, jetzt heißt es nur noch Raphaela zu finden. Nach 5 Minuten taucht sie wieder auf, und wir können zurück zum Campingplatz fahren. Diese 10 $ waren gut angelegt, mit den schweren Sachen wären wir wohl nie hier angekommen.

96img004.jpg Auf dem "Robert Service"-Campground in Whitehorse 96img005.jpg

Gleich nach der Ankunft beginnen wir damit unsere soeben erworbenen Fressalien in den Tonnen zu verstauen, was sich als extrem diffizil erweist. Nach langem Hin und Her haben wir es dann tatsächlich geschafft, allerdings scheinen die Tonnen aus allen Nähten zu platzen. Gegen 5 Uhr traben wir noch einmal, auf Anraten eines Schweizers hin, in die Stadt um Gummistiefel für Raphaela zu kaufen, doch leider hat immer noch nichts geöffnet, also müssen wir dies auf den morgigen Tag verschieben.

Auf dem Rückweg gabelt uns Heinz auf, der schon auf der Suche nach uns war. Er teilt uns mit, daß die Straße zum Einsetzpunkt am Sheldon Lake wegen starker Waldbrände leider nicht befahrbar ist. Wir einigen uns darauf, auf den Abschnitt am Ross River zu verzichten und wollen in Ross River am Pelly River einsetzen. Raphaela scheint sogar etwas erleichtert, da wir so die fahrtechnisch schwierigsten Passagen nicht zu bewältigen haben, mir tut es etwas leid, ich wäre doch gerne einen etwas kleineren schnelleren Fluß gefahren. Aber gegen solche Naturgewalten kann man eben nichts machen. Morgen gegen 10 Uhr soll es dann losgehen, und Heinz wird uns mit seinem Van die ca. 600 km nach Ross River bringen.

Als letztes gutes Essen bevor wir auf dem Fluß unterwegs sind gönnen wir uns heute Abend noch einmal ein saftiges Steak und rösten Zucchini und italienisches Olivenbrot auf dem Grill am Zeltplatz.

 


Dienstag, 02. Juli - Fahrt nach Ross River

Über Nacht regnet es wieder stark. Am Morgen packen wir alles feucht ein, genehmigen uns als Frühstück nur ein paar kleine Brötchen mit kargem Aufstrich und warten auf Heinz. Kurz nach 10 Uhr erscheint sein frisch lackierter Access Yukon - Van auf dem Campingplatz. Wir laden unser gesamtes Gepäck ein und fahren in die Stadt um noch die restlichen fehlenden Dinge einzukaufen. Schnell haben wir Angelzeug, Angellizenz, Gummistiefel sowie Bier und Whisky besorgt, dann geht es los Richtung Ross River.

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Unterwegs werden wir ständig von dunklen Wolken und Regen begleitet. In der Braeburn Lodge am Klondike Highway machen wir unsere erste Pause, vertilgen zu zweit einen Hamburger, dessen Größe alles von mir bisher an Burgern gesehene bei weitem übertrifft, und nehmen uns noch als Wegzehrung eine der "weltgrößten" Zimtschnecken mit. Mit zunehmender Fahrtdauer bessert sich das Wetter, sogar einige Fotostops können wir machen als am Campell Highway die Sonne heraus kommt.

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Um 17.30 Uhr erreichen wir Ross River, einen total verschlafenen Ort mit einer Tankstelle, einem kleinen Laden einem Motel und einer Kneipe. Wir beschließen noch ein Bierchen trinken zu gehen, die Wahl des Etablissements fällt wegen mangelnder Auswahl auch nicht schwer, also nichts wie hinein ins blühende Nachtleben von Ross River. Drinnen empfängt uns laute Musik, sehr monotone Einrichtung und einige bereits mehr oder weniger stark angeheiterte Dorfbewohner, die zum größten teil indianischen Ursprungs sind.

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Nach 3 Runden Bier überkommt uns der Hunger und wir gehen nach nebenan ins Restaurant des Motels. Das Lokal entpuppt sich als chinesisch, was uns dann doch ein wenig verwundert, hier in diesem Indianer-Kaff. Wir bestellen uns ein Menü für 4 Personen, das zu unserer Überraschung nicht einmal schlecht schmeckt und auch reichlich ist. Nur Heinz Freundin Gabriele, die zum ersten Mal im Yukon ist, macht doch einen etwas seltsamen Gesichtsausdruck bei dem Ambiente das uns hier umgibt.

Durch die lange Fahrt recht müde geworden, zudem ist das Wetter wieder schlechter, brechen wir unsere Zelte im Restaurant bald ab und bauen uns unser Nachtlager auf dem städtischen Campground von Ross River. Die Bezeichnung Campingplatz ist aber etwas übertrieben, es stehen nur ein paar Bänke herum, zudem gibt es einige wenige Feuerstellen und Abfalleimer. Wir stellen unser Zelt einfach in einen kleinen Aspenhain, Heinz und Gabriele übernachten im Van.

 


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Mittwoch, 03. Juli - 1. Kanutag

Obwohl es die ganze Nacht durchgeregnet hat, können wir auf trockener Bank ein Frühstück zubereiten. Nachdem wir alles hergerichtet haben wachen auch die beiden in ihrem Van auf und gesellen sich zu uns. In aller Ruhe machen wir uns über die Zimtschnecke her und genießen den heißen Tee, den obgleich es zu regnen aufgehört hat, ist es doch noch ziemlich frisch. Gegen 11 Uhr machen sich Gabriele und Heinz auf den Weg zurück nach Whitehorse und wir sind allein.

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Schnell ist alles verpackt, dann tüfteln wir noch die beste Variante der Verstauung im Kanu aus und verzurren alles so gut es geht, um auch ja nichts zu verlieren, sollten wir wirklich einmal kentern. Nach einer halben Stunde kann es endlich losgehen auf unsere 2-wöchige Kanu-Tour den Pelly River hinab, durch die Wildnis des Yukon.

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Bald nachdem wir abgelegt haben klart sich der Himmel immer mehr auf, und die noch anfangs sehr bedrohlich und düster wirkenden Wolken verwandeln sich mehr und mehr in langsam dahinziehende Schäfchen. Der Pelly River fließt ruhig aber zügig dahin und wir kommen gut voran, nicht zuletzt dank des gelegentlich einsetzenden Rückenwindes. Wir lassen uns treiben und genießen die Stille und Einsamkeit, die uns umgibt.

Kurz nach 4 Uhr haben wir gute 40 km geschafft, was fürs erste reichen sollte. Wir schmeißen unseren Anker auf einer der vielen kleinen Sandbänke aus und schlagen unser Lager auf. Schon bald brennt das erste Lagerfeuer und der erste Abend beschert uns lange sonnige Stunden, die wir in vollen Zügen genießen, vor allem nach den ersten verregneten Tagen.

Um etwa 10 Uhr, wir liegen bereits in unseren Schlafsäcken obwohl draußen immer noch die Sonne scheint, weckt uns ein lautes Platschen. Rasch schauen wir nach draußen und entdecken ein Biberpärchen, von denen eines am Ufer entlang trottet, und das andere in kurzem Abstand im Wasser folgt. Die beiden lassen sich von uns überhaupt nicht stören und ziehen weiter ihres Weges, und als sie dann verschwunden sind, ziehen auch wir uns wieder zurück in unser Freiluftgemach.

 


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Donnerstag, 04. Juli - 2. Kanutag

Das schöne Wetter ist uns erhalten geblieben. Langsam pendeln sich unsere Gewohnheiten ein, der Ablauf wird zur Routine. Raphaela ist schon ganz versessen darauf Bannock zuzubereiten, doch noch haben wir jede Menge Brot dabei das wir zuerst vertilgen müssen.

Gegen 11 Uhr paddeln wir dann wieder los. Auf dem heutigen Abschnitt ist der Pelly mit Inseln nur so gespickt, so daß es nicht verwundert, daß wir manchesmal nicht mehr genau wissen wo wir uns befinden. Doch zum Glück findet man immer wieder untrügerische Anhaltspunkte, und wir können so die kurzzeitig verloren gegangene Orientierung wiederfinden.

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Nach ein paar Stunden passieren wir die Brücke, die über den Fluß nach Faro führt, der letzten menschlichen Ansiedlung für die nächsten 7 Tage. Am Nachmittag quält uns der teilweise recht heftige Gegenwind, doch mit vereinten Kräften kommen wir dennoch gut voran und machen heute an die 50 km.

Bei Rose Slough finden wir einen schönen Übernachtungsplatz. Die tagsüber recht bedrohlich wirkenden Wolken haben sich völlig verzogen, und die Sonne brennt auch spät abends noch so stark hernieder, daß Raphaela sich sogar traut ein Bad im eisigen Flußwasser zu nehmen. Dem Umstand, daß wir uns hier nicht auf einer Insel befinden, verdanken wir eine heftige Mückenplage.

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Freitag, 05. Juli - 3. Kanutag

Das schöne Wetter bleibt uns hold, die Mücken leider auch. Am Morgen tummeln sie sich zwischen Innen- und Außenzelt. Der Gang zur Toilette wird zur Tortur. Raphaela hat schon einige Stiche, ich wurde weitestgehenst verschont.

Der Ablauf des Frühstücks wie auch des gesamten Tages hat sich automatisiert, jeder Handgriff sitzt, nur die Suche nach diversen Sachen gestaltet sich manchesmal als etwas mühselig, da sie abwechselnd von Raphaela oder mir eingeräumt werden, und das natürlich an verschiedenen Orten.

Die Strömung läßt im heutigen Abschnitt etwas nach, zudem haben wir auf vielen Passagen starken Gegenwind, der uns zu ständigem Paddeln zwingt. Die Landschaft an den Ufern des Pelly ist auch etwas monotoner geworden, und wir sind abends froh unser Soll erfüllt zu haben. Versöhnlich stimmt uns nur das Wetter und der wirklich schöne Übernachtungsplatz auf einer Insel.

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Wir sind beide schon ziemlich verbrannt an Gesicht und Händen, das Mitnehmen einer Sonnenmilch wäre durchaus ratsam gewesen. Wir schmieren uns mit Nivea und Melkfett, um die der Sonne und Wasser ausgesetzten Hautpartien nicht völlig austrocknen zu lassen.

Kurz vor unserem Rastplatz kommen wir an Joe Ladue`s Cabins vorbei, fünf halb verfallenen Blockhütten, die, von Wildrosen überwuchert, am Hochufer stehen. Wir halten an und schauen uns ein wenig um, und bekommen einen guten Ausblick auf die Lebensweise der Trapper und Goldsucher, die hier vor fast 100 Jahren ihr Glück versuchten.

Streift man durch das Unterholz und die meterhoch wuchernde Vegetation um die Hütten herum glaubt man den Geist der damaligen Zeit zu spüren. Die Unterkünfte, die wenigen Überbleibsel und die herumliegenden Kiefer von Tieren lassen einem einen Schauer den Rücken herunter laufen. Es wird dem hochzivilisierten Menschen nur all zu deutlich mit welchen Schwierigkeiten die Siedler damals zu kämpfen hatten, für uns einfachste, ja selbstverständliche Dinge waren damals noch mit immensem Aufwand verbunden, ließen sich teilweise nur unter härtesten Strapazen durchführen.

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Ein wenig von diesem Pioniergeist können wir auch an uns feststellen. Macht man solch einen Urlaub, ändert sich in einem die Einstellung zu so trivialen Dingen wie Trinkwasser oder Essenszubereitung, da man viel mehr mit der Natur lebt, viel mehr den Naturgewalten ausgeliefert ist und man fühlt sich mehr Teil des Ganzen und erfährt, daß man im Vergleich dazu nur ein unbedeutendes Nichts darstellt.

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Samstag, 06. Juli - 4. Kanutag

Nach nur kurzer Fahrt erreichen wir die ersten Stromschnellen auf unserem Weg den Pelly River hinab. Schon von weitem hört man das Grollen das immer stärker wird und man glauben könnte einen Wasserfall vor sich zu haben. Noch eine Biegung, dann sehen wir auch schon die Schaumkronen, die sich bis zu einem Meter hoch quer über die ganze Flußbreite ausdehnen. Zwischen den Wellen schauen etliche Felsen hervor, die uns nicht gerade sehr freundlich entgegen sehen.

Fast schon bedrohlich faucht und stampft das Wasser, mit jedem Meter den wir näher kommen wächst unser Respekt. Auf der linken Flußseite können wir eine Furt ausmachen, wir halten darauf zu, doch durch die starke Strömung kommen wir von unserem geplanten Weg ab und rauschen schnurstracks auf einen der vielen großen Felsen zu. Im letzten Moment können wir das Kanu noch gerade stellen, dann zieht es uns auch schon mit enormen Kräften auf den Felsblock hinauf, wir bleiben kurz hängen, kippeln bedenklich hin und her, und rutschen dann hinein in die sich dahinter aufbauende Welle, die wir mit vereinten Kräften durchschneiden um letzendlich fast trocken in ruhigerem Wasser weiter zu treiben.

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Nur Bruchteile von Sekunden hat das Ganze gedauert, doch im Moment der Gefahr erscheinen einem Sekunden wie Stunden und man kämpft gegen die lähmende Angst an, von der man gepackt wird. Glücklicherweise hat auch Raphaela instinktiv richtig gehandelt und in keiner Phase zu paddeln aufgehört, sonst weiß ich nicht, was passiert wäre.

Der Flußlauf erfreut uns heute im weiteren mit abwechslungsreichem Gewand, das Paddeln ist interessant und macht uns viel Spaß. Etwa 1 Stunde nach den ersten Schnellen, den Little Fishook Rapids, treffen wir auf die zweiten, die Big Fishook Rapids. Nach den Schwierigkeiten vorhin, bewältigen wir diese nun mit bereits größerer Routine, treffen auch gleich die richtige Wahl, den Weg betreffend, und schlingern ohne Probleme durch die sich um uns herum auftürmenden Wellenberge.

Am Abend scheint uns das Wetter nicht mehr so freundlich gesinnt, nach und nach ziehen immer mehr Wolken auf und es wird gleich merklich kühler, was uns veranlaßt, bald das Zelt aufzusuchen.


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Sonntag, 07. Juli - 5. Kanutag

Nachts regnet es heftig und auch am Morgen ist es noch stark bewölkt und nieselt noch leicht. Trotzdem stehen wir auf, die Blase läßt uns das schlechte Wetter vergessen. Nach kurzem Überlegen beschließen wir erstmal das Zelt abzubauen und dann eventuell gleich zu fahren oder doch erst zu frühstücken. Glücklicherweise wird es immer trockener und wir können in aller Ruhe frühstücken und dann unser gesamtes Hab und Gut trocken verstauen.

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Zwei der überwiegend schönen Übernachtungsplätze

Leider weist der Pelly heute mal wieder nichts aufregendes auf, er zeichnet sich auf diesem Abschnitt hauptsächlich durch lange gerade verlaufende Strecken aus. Ab und an wird das monotone Dahingleiten durch einige Lenkmanöver unterbrochen, die notwendig werden, wenn Felsbänke unsere Richtung kreuzen. Aber wir sind für jede Abwechslung, die sich uns bietet, dankbar.

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Relaxedes Dahingleiten

Abends ist es dann wieder richtig schön und bullig heiß, wir schwitzen in der Abendsonne. Der teilweise starke Wind, der den feinen Sand über die Inseln weht, verursacht einige Probleme mit den Reisverschlüssen am Zelt, insbesondere am Innenzelt. Manchesmal bekommen wir sie nur nach mehrmaligem Versuch und unter ständigem Hakeln auf, bzw. zu. Zusätzlich knirscht jede Bewegung auf dem Schlafsack, da sich überall eine hauchfeine Sandschicht abgesetzt hat, die man auch durch starkes Schütteln des Zeltes und der Penntüten nicht vollständig herausbekommt.

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Abendbrotzubereitung
 

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Montag, 08. Juli - 6. Kanutag

Die morgendliche Hitze treibt uns aus dem Zelt. Zum ersten Mal machen wir uns daran unser eigenes Brot zu backen. Die Zutaten sind rasch gemischt: Mehl, Backpulver und Wasser. Das Ganze wird zu einem nicht mehr flüssigen Teig verarbeitet, dann in viel Öl in der Pfanne gleichmäßig goldbraun gebacken. Gleich unsere ersten Exemplare gelingen vorzüglich, sie gehen schön auf und auch die Farbe läßt keine Wünsche offen.

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Unser tägliches Brot: Bannock, vom Teiganrühren bis hin zum fertigen Produkt

Unterwegs werden wir immer wieder von dunklen Wolken begleitet, doch wir bleiben den ganzen Tag vom Regen verschont. Heute gestaltet sich die Fahrt wieder etwas abwechslungsreicher als gestern, der Fluß mäandriert hier eindrucksvoll, teilweise gleiten wir durch leichte Wellen.

Bei der Safety Pin Bend können wir, begünstigt durch den etwas höheren Wasserstand, ein paar Kilometer abkürzen, und suchen uns kurz dahinter wieder eine kleine Insel zum Campieren.

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Überall am Ufer: Biberschäden

Während des Abendessens fängt es dann doch noch an zu regnen, wir verschwinden im Zelt, aber nach wenigen Minuten ist der Schauer an uns vorbei gezogen und wir können wieder heraus. Das Ganze wiederholt sich noch zweimal, dann verzieht sich die Schlechtwetterfront entgültig und wir sitzen noch eine Weile am Feuer, bis es uns zu kühl wird.

 

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Dienstag, 09. Juli - 7. Kanutag

Als ich so gegen 7.30 Uhr aufstehe ist es noch relativ kühl, da die Sonne etwas an Kraft verloren hat und es, anders als in letzen Tagen, diesig ist. Übertags wechseln sich Sonne und Wolken ständig ab, die Temperatur bleibt sehr angenehm.

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Der Verlauf des Flusses ist auch wieder sehr abwechslungsreich, mal endlos lange Kurven oder Geraden mit wenig Strömung, dann wieder Abschnitte, auf denen wir recht flott voran kommen, ab und an auch kleinere Felsbänke auf denen sich kleine Wellen kräuseln. Bei dem Versuch ein paar Meter abzukürzen geraten wir in seichtes Wasser, also muß Raphaela aus dem Boot um uns wieder in tiefere Gewässer zu ziehen. Wir wollen heute an die 50 km schaffen, um Morgen in einem Rutsch bis Pelly Crossing zu kommen.

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Die Suche nach einem guten Übernachtungsplatz gestaltet sich erheblich schwieriger als bislang, letztendlich werden wir aber doch noch fündig. Die Laune ist durch die lange Suche und das schlechter werdende Wetter auch nicht gerade am Höhepunkt, das Faß zum Überlaufen bringen dann unsere Zeltreisverschlüsse, die nun entgültig ihren Geist aufgeben. Stocksauer reiße ich daran herum, ohne Erfolg, einen bringen wir noch zu, der andere bleibt offen und läßt sich fortan nicht mehr schließen.

Durch die Aufregung kann ich nicht einschlafen, zudem sind natürlich auch Mücken wieder da, und so mit offenem Zelt ist man der Brut machtlos ausgeliefert. Ich stehe noch einmal auf, wandere etwas im leichten Regen herum, bis ich mich wieder beruhigt habe.

Nach einigem Hin und Her beschließen wir nur noch bis Pelly Crossing zu fahren, um von dort mit dem Bus zurück nach Whitehorse zu gelangen. Dort wollen wir uns dann ein Zelt besorgen oder einen Van mieten, in dem wir schlafen können und so von Mücken weitestgehend verschont zu bleiben. Momentan bleibt uns nichts anderes übrig, als uns mit Muskol, dem hier gängigen Insektenmittel einzureiben.

 

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Mittwoch, 10. Juli - 8. Kanutag

Durch den kräftigen Regen über Nacht hat sich die Mückenplage in Grenzen gehalten und wir wachen erholt auf. Wir frühstücken bei wolkenverhangenem Himmel und Nieselregen, doch das kann uns den Appetit nicht verderben.

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Die ersten 10 km schleppt sich der Fluß träge dahin, dann erreichen wir Granite Canyon, die Strömung nimmt durch die Verengung zu und in der ersten Kehre sehen wir uns bis zu 1 m hohen stehenden Wellen gegenüber, die uns doch einen gewissen Respekt abnötigen, vor allem beim Gedanken an eine Kenterung bei schlechtem Wetter.

Trotz größter Anstrengungen und Lenkmanövern schwappt links und rechts das Wasser über die Bordwand, doch außer daß wir dabei naß werden passiert nichts und es macht riesig Spaß durch die Wellenberge hindurch zu düsen. Nach kurzer Ruhepause die zweiten Schnellen, ähnlich wie die ersten, auch hier finden wir einen guten Weg hindurch und bleiben unversehrt.

Kurz vor Ende des Canyons ragt in der Flußmitte Needle Rock, ein ca. 12 m hoher Granitfelsen empor. Hier fordern noch ein letztes Mal starke Wellen unsere vollste Konzentration, dann ist dieses Abenteuer vorbei. Dieser Abschnitt ist wirklich der interessanteste auf unser bisherigen Tour, schade daß nicht mehr davon auf dem Pelly River vorhanden ist.

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Der Fluß wird wieder zahmer und wir schippern gemächlich Pelly Crossing entgegen. Gegen 6.30 Uhr legen wir an der Highwaybrücke an, suchen den Campground, der natürlich auf der anderen Seite der Brücke liegt, paddeln also noch schnell dorthin, und sind froh es endlich geschafft zu haben.

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Pelly Crossing

Schnell laden wir alles aus und schleppen es zu einem Unterstand um dort unser Lager aufzuschlagen. Danach säubern wir unser Kanu am Flußufer und richten uns unter unserem Unterstand häuslich ein. Dabei lernen wir auch einen Oberösterreicher kennen, der mit seinem Husky ebenfalls auf dem Pelly unterwegs war und bereits gestern hier ankam.

Didi, so heißt er, bietet uns von seiner Fischsuppe an und wir nehmend dankend einen vollen Topf entgegen. Es schmeckt wirklich ausgezeichnet und wir vertilgen die komplette Portion, bieten im Gegenzug unseren Southern Comfort an. Gut gesättigt und mit einer Flasche Whisky sitzen wir noch lange am Feuer und ratschen, unser Entschluß hier aufzuhören gerät dabei immer mehr ins Wanken.

 

Donnerstag, 11. Juli - Ruhetag

Nach dem Frühstück wecke ich Didi auf um mit ihm zum Duschen und Wäschewaschen ins Laundromat zu gehen. Dieser öffentliche Waschsalon ist am anderen Ende des Ortes, man geht etwa 5 Minuten zu Fuß. Die Duschen sind sauber, das Wasser ist heiß, es kommt in genügend großer Menge aus dem Duschkopf und sie kosten nur 2 $, sind dabei nicht einmal zeitlich begrenzt.

Ein herrliches Gefühl sich nach 2 Wochen endlich die Dreckkrusten vom Leib spülen zu können. Teilweise muß ich recht fest rubbeln, so hat sich Staub und Schweiß zu einem sehr widerstandsfähigem Überzug verbacken.

Als ich am Campground zurück macht sich Raphaela auf zum Säubern. Den restlichen Tag verbringen wir dann mit Faulenzen und einem kurzen Einkauf im Drugstore an der Tankstelle, dessen Angebot leider nicht sehr übermäßig ist.

Abends essen wir dann zusammen mit Didi und seinem Hund Schinkennudeln um uns für die Suppe zu revanchieren, danach zwitschern wir noch den Rest Southern Comfort. Am Lagerfeuer bewundern wir Didi`s Schnitzkünste wie er sich einen Pfannenwender zurecht basteln will. Einen Holzlöffel hat er sich bereits angefertigt.

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Inzwischen haben wir unseren Entschluß hier mit unserer Tour aufzuhören wieder umgeschmissen, vor allem Raphaela will auf alle Fälle den Yukon bis Dawson weiterfahren und auch meine Befürchtungen wegen starken Gegenwinden können sie nicht davon abbringen.


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Freitag, 12. Juli - 9. Kanutag

Um 10 Uhr starten wir von Pelly Crossing zu unseren letzten Etappen Richtung Dawson City. Wir verabschieden uns noch kurz von Didi und seinem Hund, dann geht es los.

Nach etwa 10 km passieren wir die letzte heikle Stelle im Pelly. Mitten im Fluß türmen sich drei Felsinseln auf, an denen das Wasser mit ziemlicher Gewalt entlang strömt, und wir müssen höllisch aufpassen nicht gegen eine der drei gedrückt zu werden.

Danach beruhigt sich der Fluß recht bald wieder, Braden`s Canyon bereitet keinerlei Schwierigkeiten. Auf dieser letzten Etappe auf dem Pelly werden wir wieder von abwechslungsreicher Landschaft und interessantem Flußlauf verwöhnt, nur das Wetter will auf den letzten Kilometern nicht mehr so recht mitspielen.

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Kurz hinter Pelly Farm, der einzigen noch bewirtschafteten Ranch am Pelly, landen wir auf einer Insel, wo wir unsere letzte Nacht auf diesem Fluß verbringen wollen, denn morgen geht es auf dem Yukon weiter, von dem wir nur noch 3 bis 4 km entfernt sind.

Gerade als wir dabei sind unser Abendessen zu uns zu nehmen überrascht uns ein heraufziehender Regenschauer. In Windeseile packen wir unser Essen zusammen und verziehen uns im Zelt, essen dort weiter und kommen anschließend nur noch einmal kurz heraus, als es für kurze Zeit aufhört zu regnen. Leider fällt unser letzter Abend auf dem Pelly dadurch etwas kurz aus.

 

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Samstag, 13. Juli - 10. Kanutag

Als wir am Morgen aus dem Zelt blicken sieht man kaum 50 m weit. Dichter Nebel liegt über dem Tal des Pelly River, die Sonne leuchtet nur ganz schwach hervor. Nach ein paar Minuten reißt es langsam auf und überall zeigt sich blauer Himmel. Zusammen mit der dunklen Basaltwand, die das Nordufer bestimmt bilden die sich auflösenden Nebelschwaden eine gespenstische aber zugleich faszinierende Kulisse. Wir freuen uns auf einen weiteren schönen Tag, doch weit gefehlt: bereits kurz nach dem Ablegen zieht es plötzlich wieder zu und es fängt auch bald zu regnen an.

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Nach etwa einer halben Stunde erreichen wir die Mutter aller Flüsse, den Yukon River. Kurz nachdem wir den Pelly verlassen haben, machen wir einen kurzen Stop in Fort Selkirk um die dort verbliebenen Hütten zu besichtigen. Das Anlegen gestaltet sich ein wenig schwierig, da der Fluß eine recht starke Strömung aufweist. Die Hütten werden schon seit Jahren von Indianern, die in der Nähe leben, restauriert, und man bekommt auch hier einen guten Einblick in das Leben zur Jahrhundertwende.

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Bald nachdem wir Fort Selkirk verlassen haben hört es zu regnen auf und es wird schlagartig wärmer. Mit dem Wetterumschwung steigt auch unsere Laune wieder und wir paddeln munter darauf los. Doch leider ist uns die Wetterfee heute nicht sehr gut gesinnt. Schon bald ziehen wieder dicke Wolken auf, die sich zu einem verheerenden Gewitter zusammenballen. Links und rechts von uns zucken die Blitze vom Himmel und es ergießt sich ein regelrechter Wolkenbruch über uns.

Im Boot steht knöcheltief das Wasser, auch wir sind trotz Regenkleidung patschnaß, doch wir halten durch und paddeln eisern weiter. So schnell wie der Regen kam, so schnell ist er auch wieder vorbei und wir können, nachdem wir einen geeigneten Platz zum Übernachten gefunden haben, unsere Sachen in der warmen Abendsonne zum Trocknen aufhängen.

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Während wir essen und relaxen fährt ein Kutter mit Wohnwagen und sonstigem Zeug beladen im Schneckentempo an uns vorbei, die beiden Insassen stehen hoch über ihrem Gefährt auf einem Hochstand, von wo aus sie sicher einen guten Überblick über den Flußlauf haben. Gegen 10 Uhr fängt es dann doch wieder zu regnen an, also verziehen wir uns mal wieder etwas früher ins Zelt, was nicht schadet, haben wir heute doch einiges geleistet.


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Sonntag, 14. Juli - 11. Kanutag

Über Nacht ereilt mich ein undefinierbarer Schwächeanfall. Schüttelfrost, Übelkeit, Gliederschmerzen, die gleichen Symptome wie bei einer Grippe. Ich wache schon sehr früh auf und teile Raphaela mit, daß ich mich sehr schlecht fühle. Diese Nachricht schockt sie doch gehörig, dennoch schläft sie noch einmal ein.

Beim Frühstück und Zeltabbau kann ich nur wenig mithelfen, jede Bewegung verursacht sofortige Müdigkeit und Raphaela ist ziemlich auf sich allein gestellt. Unterwegs bläst uns zu allem Übel auch noch ständig ein heftiger, kalter Wind entgegen, so daß ich aus dem Frieren kaum herauskomme. Die meiste Zeit sitze ich verkehrt herum in der Spitze des Kanus, oder kauere mich am Boden liegend ganz klein zusammen, um möglichst wenig Windwiderstand zu bieten. So kann ich wenigstens ein wenig Wärme zusammenhalten.

Raphaela kämpft tapfer allein gegen den teilweise sehr starken Gegenwind an, die meiste Zeit lassen wir uns aber einfach nur treiben, da wir herausgefunden haben, daß man auf diese Weise auch nur unerheblich langsamer ist, aber enorm Kraft spart.

Trotz allem Unbill, nur vom Regen bleiben wir verschont, schaffen wir unsere geplanten 60 km und können kurz bevor der Regen anfängt unser Zelt aufstellen, um im trockenen zu kochen.

Kaum sind wir ins Zelt gekrochen, prasselt es auch schon aufs Dach und hört auch nicht mehr auf bis zum nächsten Morgen. Wir kochen uns ein Fertiggericht, dann bin ich heilfroh im warmen Schlafsack verschwinden zu können.

 

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Montag, 15. Juli - 12. Kanutag

Ein Feuer scheint durch den immer noch vorherrschenden Witterungsverhältnissen aussichtslos, also frühstücken wir im Zelt. Nachdem der Regen etwas nachgelassen hat, packen wir zusammen und machen uns wieder auf den Weg.

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Gewitterstimmung über dem Yukon River

Meine über Nacht gekommene Unpäßlichkeit ist ebenso wieder über Nacht verschwunden, dennoch bin ich am Anfang etwas vorsichtig und versuche bei allem möglichst kraftsparend zu Werke zu gehen. Der Wind hat merklich nachgelassen, dennoch spüren wir ihn immer noch von vorne kommend. Es ist kalt und es nieselt ständig, erst ab der Mündung des White River, nach ca. 40 km, blinzelt die Sonne erstmals aus den Wolken hervor. Die Strömung nimmt ab hier zu, der Wind bläst nun von hinten und wir kommen ordentlich schnell voran. So macht das Ganze doch wieder erheblich mehr Spaß, der in letzten zwei Tagen etwas abhanden gekommen ist. An Steward Island brausen wir nur so vorbei, die Geschwindigkeit erreicht hier ihren absoluten Höhepunkt, was sich auch dramatisch an der noch immer bewohnten Insel zeigt: jedes Jahr werden hier bis zu 6 Meter des Ufers weggespült, manche Hütten stehen schon bedenklich nahe am abbrechenden Ufer, und es erscheint nur eine Frage der Zeit, bis auch das Haupthaus von seinen Benutzern aufgegeben werden muß.

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Ein paar Kilometer weiter, die Insel noch in Sichtweite ist für uns das Ende dieser Tagesetappe erreicht und wir campieren wieder einmal auf einer Insel. Der Abend wird begleitet von einem malerischen Himmel, im Süden tief dunkelblau und gewitterschwanger, im Norden strahlender Sonnenschein mit eineigen wenigen weißen Wolken. Falls sich die Schlechtwetterfront bis zu uns vorkämpft, haben wir schon einmal vorgesorgt und alles verstaut, um bei einsetzendem Regen nicht zu lange herum wurschteln zu müssen.

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Dienstag, 16. Juli - 13. Kanutag

Die Sonne jagt uns bereits gegen 8 Uhr aus unserem Zelt, wir sind beide angesichts des schönen Wetters bei bester Laune und erfreuen uns auch bester Gesundheit. Bei solch einem Sonnenschein macht das Frühstücken unter freiem Himmel richtig Spaß.

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Entspanntes Sich-Treiben-Lassen

Unterwegs haben wir heute fast keinen Wind, weder von vorne noch von hinten, teilweise ist es sogar erdrückend heiß. Als wir uns ein Stück so dahin treiben lassen, bekommen wir aus heiterem Himmel Besuch von einem Biber, der bis auf etwa 3 m ans Kanu herangeschwommen kommt und uns interessiert beobachtet. Erst als wir auf ihn aufmerksam werden und uns bewegen, taucht er unter und schwimmt davon.

Wieder, wie auch schon in den letzten Tagen, treffen wir zwei Japaner in ihrem Seekajaks, an denen wir im Gegensatz zu gestern dieses Mal vorbeiziehen. Scheinbar haben die beiden heute keine große Lust zu paddeln, was wir nachvollziehen können, uns ging es gestern und vorgestern auch schon so. Doch heute strotzen wir nur so voll Energie und kommen gut voran, nähern uns Dawson City bis auf etwa 30 km.

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Lagerfeuerromantik am Ende einer tollen Tour

Nach dem Essen machen wir eine kurze Bestandsaufnahme über alles Verbrauchte auf den 15 Tagen die wir nun unterwegs sind, um bei etweiligen folgenden Urlauben bereits im voraus besser kalkulieren zu können. Eine Liste über Lebensmittel und sonstigen Utensilien ist schnell zusammengestellt:

 

2-wöchige Kanutour (ohne Möglichkeit eines Zwischeneinkaufs)

 

Anzahl der Personen: Zwei

Länge der Kanutour:

Ross River » Dawson City: 15 Tage incl. 1 Ruhetag für 697 km

Ross River » Fort Selkirk: 10 Tage incl. 1 Ruhetag für 423 km

Fort Selkirk » Dawson City : 5 Tage für 274 km

 

Fahrt nach Ross River mit PKW: ca. 7 Stunden

 

Kosten: Kanumiete: bei 20 $/Tag, gesamt: ca. 300 $

Transport nach Ross River: 500 $

Verpflegung: ca. 150 $

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Verbrauchte Güter

Mehl

2,5 kg 
Backpulver 250 g 
pro Bannock 4-5 gehäufte Eßlöffel Mischung Mehl/Backpulver
Nudeln 2,5 kg
Kartoffeln 3 kg
Reis 6 Doppelbeutel
Lipton Fertiggerichte 6-8 Packungen
Öl 1,5 l
Gemüse 2 Packungen (1 Packung als Beilage für 1 Essen)
3 Konserven
Zwiebel 1 Sack
Dips 2 Packungen
Tee 50 Beutel
Käse ca. 400 g
Frischkäse 2 Packungen
Salami 2 Stück (gross)
Schinkenspeck 2 Packungen à 750 g
Zucker 500 g
Marmelade, Honig, Nusspli je 1 Glas
Nüsse 1 kg
Vitamintabletten

2 Packungen à 20 Stück

Klopapier 4 Rollen
Kleenex 1 Rolle
Spüli 100 ml


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Mittwoch 17. Juli - 14. Kanutag

Die Sonne bleibt für uns am letzten Tag leider hinter dicken Wolken verborgen, was die Temperatur gleich wieder um einiges absinken läßt. Unterwegs müssen wir sogar noch einmal in unsere Regenklamotten schlüpfen, auch wenn es nur Nieselregen ist, der uns kurz begleitet.

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Wir bekommen des öfteren Gesellschaften von anderen Kanuten, die teils an uns vorbei ziehen, teils lassen wir sie hinter uns. Mit zwei von ihnen halten wir ein kurzes Pläuschchen, und erfahren daß auch sie ihr Kanu bei Heinz gemietet haben.

Gegen zwei ist es dann endlich soweit: Glücklich es geschafft zu haben, erreichen wir unser Ziel Dawson City. Die letzte halbe Stunde auf dem Fluß haben wir bereits die Häuser im Blick, wir paddeln schnell die letzten Meter herunter. An der Mündung des Klondike werden wir noch von ein paar Möwen angegriffen, die sich scheinbar gestört fühlen.

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Ankunft in Dawson City

Wir landen am Damm an, und ich mache mich schnell auf den Weg ins Bunkhouse Hotel, wo wir übernachten wollen. Doch leider ist die Rezeption vorübergehend geschlossen, es bleibt uns nichts anderes übrig, als es später noch einmal zu versuchen. Wir paddeln noch ein paar Meter zur Anlegestelle, die wir mit noch vier anderen Booten teilen müssen, die gleichzeitig mit uns ankommen.

Während Raphaela unser Zeug aus dem Kanu auslädt starte ich einen zweiten Versuch beim Bunkhouse. Glücklicherweise ist nun jemand da, schnell sind die Formalien erledigt und das Mädchen an der Rezeption ist so nett und holt unser Gepäck vom Kanu ab und bringt es zum Hotel.

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Bunkhouse Hotel

Zwischenzeitlich hat Raphaela alles ausgeladen, wir verstauen unsere Utensilien im Van und bringen dann das Kanu zum "Drop-Off"-Punkt, dem Reisebüro von Gold City Tours.

Anschließend marschieren wir, nun bei schönstem Wetter und ziemlich hohen Temperaturen, gemütlich zu unserer Unterkunft. Nachdem wir alles Zeug im Zimmer untergebracht haben, das im übrigen zwar sehr klein aber dafür schön und rustikal eingerichtet ist, warten auf uns die Duschen, die nur zwei Zimmer neben unserem liegen.

Nachdem wir gründlich sauber sind laufen wir ein wenig durch die Stadt, schauen uns ein wenig um, essen ein Eis und landen schließlich im Sourdough Saloon, einer urigen Kneipe in einem der vielen alten Hotels mit toller Atmosphäre und Livemusik. Dort treffen wir auch die Deutschen vom Campground in Whitehorse wieder. Wir zwitschern zusammen ein paar Bier, und nachdem die Zeit schon ziemlich fortgeschritten ist, beschließen wir bei Marina`s, einem Restaurant unweit vom Saloon, essen zu gehen.

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Sourdough Saloon

Den Abend beschließen wir dann, nachdem wir sehr gut gegessen haben, in der Bar des Midnight Sun Hotels, einer Kneipe, die eher etwas für die jugendlichen Besucher ist, mit lauter Rockmusik. Bereits weit nach Mitternacht machen wir uns auf den Weg zurück zu unserem Hotel um dort totmüde in die Betten zu fallen. Anzumerken sei noch, daß obgleich der späten Stunde noch tierisch was los ist auf den Straßen von Dawson City, was wohl an der Helligkeit liegen mag, die dank der Mitternachtssonne noch immer herrscht.

 

Donnerstag, 18. Juli - Dawson City

In aller Frühe mache ich mich auf den Weg zu Norcan Leasing, die mir als die preisgünstigste Autoverleihfirma empfohlen wurde. Ich muß etliche Kilometer aus der Stadt hinaus zum Industriegebiet. Glücklicherweise werde ich nach einer halben Stunde Fußmarsch von einer freundlichen Fahrerin mitgenommen, die, wie sich im Gespräch herausstellt, bei der hiesigen Feuerwehr tätig ist.

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Dawson vom "Midnight Dome" aus gesehen

Gleich hinter der Brücke über den Klondike finde ich das kleine gut versteckte Büro von Norcan Leasing. Nach einiger Wartezeit erscheint dann sogar jemand, der hier scheinbar zuständig ist, und ich kann für den morgigen Tag einen "Midsize"-Wagen mieten. Auch die von uns beabsichtigte "One Way"-Miete ist kein Problem, kostet aber 100 $ extra.

Der Weg zurück verläuft besser als hin, denn kurz hinter der Brücke nimmt mich wieder jemand mit. Wie es der Zufall so will fahre ich bei der gleichen Person mit, die mich auch schon drei Jahre zuvor von der Dawson Trading Post, bei der wir damals unser Kanu zurück geben mußten, bis zum Campingplatz gefahren und im Anschluß daran auch noch uns drei samt Gepäck von der Anlegestelle zum Campground mitgenommen hatte.

Zurück am Hotel wecke ich als erstes Raphi auf, die noch selig schlummert, dann gehen wir zu Nancy`s frühstücken. Hier gibt es riesige Portionen Eier, Speck, Kartoffeln, Toast und Pfannkuchen sowie den obligatorischen "Refill" für den Kaffee.

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Klondike Kate`s Restaurant ung Diamond Tooth Gertie`s Gambling Hall

Anschließend schlendern wir durch die Straßen Dawson`s, kaufen Postkarten, die wir dann auch sogleich an der Uferpromenade schreiben. Dort treffen wir auch alle Bekannten wieder, die wir in diesem Urlaub schon kennengelernt haben. Von den Regensburgern bekommen eine schöne Portion Lachs geschenkt, der bereits mariniert ist, und sich so ein paar Tage halten wird.

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Ältestes Haus in Dawson

Nachmittags statten wir wieder dem Sourdough Saloon einen Besuch ab, bleiben so lange, daß wir auch gleich zu Abend essen. Danach gehen wir noch zu Diamond Tooth Gertie`s Gambling Hall um ein paar Dollar beim Black Jack und Roulette zu verlieren. Nebenbei genießen wir noch die hübschen Mädchen der Can Can Show. Gegen 11 Uhr zieht es uns wieder in eine Bar, doch wir bleiben nicht all zu lange, denn eine Punkband der übleren Sorte versucht sich in einem Auftritt. Dieser Lärm ist beim besten Willen nicht auszuhalten, also verschwinden wir nach zwei Kübeln Bier wieder.

Ab Morgen geht es mit dem Leihwagen über staubige Pisten quer durch die Yukon Territories.


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